Reisebericht vom 15.12. – 22.12.2013

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Reisebericht vom 15. – 22.12.2013

Am 05. Oktober 2013 erhielt ich den aktuellen Newsletter in dem stand: „Wir würden uns jetzt auch sehr freuen, wenn Sie sich ein paar Tage Zeit nehmen könnten und das „Abenteuer Moldawien“ wagen möchten, um beim Aufbau und Anlernen der Leute mithelfen würden, damit eine Präsenz vor Ort ist.“

Schon immer wollte ich mir von der Situation unserer Casa Katharina ein Bild vor Ort machen. Nach Rücksprache mit Andrea trat ich dann die Reise von Paderborn nach Moldawien am 15. Dezember 2013 an. Natürlich bekam ich noch genaue Hinweise, die mit meiner Präsenz dort verbunden sein sollten. Zunächst fuhr ich mit der Bahn zum Frankfurter Flughafen und flog dann in etwas mehr als zwei Stunden zum Flughafen nach Chisinau, der Hauptstadt Moldawiens. Mit einem Taxi ging es dann weiter zum Hotel Korona, das in der ca. 35 km entfernten Stadt Anenii Noi liegt. Schon auf der Fahrt dorthin fielen mir einige Streunerhunde auf, die am Straßenrand nach Nahrung suchten. Leider musste ich auch den ersten Hund sehen, der überfahren und einfach liegen gelassen wurde. Der Verwesungsprozess war schon ziemlich fortgeschritten, also kein schöner Anblick.
An diesem Sonntag war nichts weiter geplant und ich schaute mir deshalb bei einem Spaziergang die Stadt etwas näher an. Zunächst fielen mir die krassen Unterschiede bei den Häusern auf. Auf der einen Seite waren die alten, teils vom Zerfall bedrohten, Häuser zu sehen und auf der anderen Seite standen die Luxusvillen mit ihren farbigen Dächern und den verzierten Mauern. Der Kontrast zwischen reich und arm konnte offensichtlicher nicht sein.

Erst am nächsten Tag wurde ich von einem jungen Politiker, der uns vor Ort unterstützt, abgeholt. Nach einem kleinen Frühstück zeigte und erklärte er mir die nähere Umgebung. Dabei wich er immer gekonnt jedem Schlagloch aus. Und davon gibt es dort viele. Die Fahrt endete dann endlich mit dem Besuch in unserer neuen Casa Katharina. Sie liegt etwa 10 Autominuten von meinem Hotel entfernt. Dort lernte ich zuerst unsere treuen Mitarbeiter kennen. Nach dem freundlichen Empfang wurde mir das große Gelände, die Gebäude und natürlich die vielen Hunde gezeigt. Ausgerüstet mit meiner Kamera habe ich natürlich sofort einige Fotos gemacht. Im Laufe des Tages führte ich mehrere Einzel- und Gruppengespräche mit dem Politiker, Tierarzt, Tierpflegepersonal und den Arbeitern. Ich war erstaunt, unter welchen primitiven Umständen trotzdem dort effektive Tierschutzarbeit geleistet wird. Schon nach diesen ersten Eindrücken kann ich nur hoffen, dass diese widrigen Umstände recht bald der Vergangenheit angehören. Unter welchen Bedingungen hier die Mitarbeiter ihren Dienst leisten (müssen), ist sicherlich nicht nur mit einfachem Engagement zu erklären. Hierzu muss man sich berufen fühlen und eine bedingungslose Liebe zu den Tieren besitzen.
Wichtig war zu sehen, dass erst drei Tage vorher alle Außengehege fertiggestellt wurden. Dadurch konnten die Hunde gezielt nach ihrem Charakter in Rudeln zusammengeführt werden, ohne größere Beißereien befürchten zu müssen. Von den zehn Einzelgehegen waren schon vier belegt, u. a. mit einer Hündin und ihren sechs Welpen. Die noch sechs freien Einzelgehege sollten für die Kettenhunde bestimmt sein, die erst im Laufe der Woche umgesiedelt wurden.
Beruhigend war für mich zu wissen, dass die Hunde nachts nicht alleine sind. Ein Mitarbeiter übernachtet dort immer. Dafür stehen zwei alte Wohnwagen zur Verfügung.
Am Abend werde ich von dem Politiker wieder abgeholt und bei einem Abendessen besprechen wir die Anstrengungen seiner Partei und auch seine, hinsichtlich der Tierschutzarbeit in Moldawien. Ein großer Schritt wurde Ende November 2013 unternommen, als seine Partei einen Gesetzesentwurf nach deutschem Vorbild in das moldawische Parlament eingebracht hat. Wenn dieser Entwurf alle Instanzen durchlaufen hat, dann könnte das Gesetz schon im Februar bzw. März 2014 verabschiedet werden. Dies wäre ein großer Schritt zum Wohle der dort lebenden Tiere. Es bleibt dann aber abzuwarten, wie konsequent das Gesetz auch tatsächlich umgesetzt wird.
Für unsere Casa Katharina war es erforderlich, dass wir in Moldawien einen Verein gründen mussten, dessen Vorsitzender dieser Politiker ist. Er erklärte mir, dass er gemeinsam mit uns zunächst den Bau der Tierklinik realisieren will. Dafür hat er schon ein erstes Ideengerüst entwickelt, um einen Teil des benötigten Geldes über Sponsoring zu akquirieren.

An den folgenden Tagen holen Vasilii und ich Futter (Fisch, Wurst, etc.), Tiermedikamente, etc. aus der Hauptstadt Chisinau ab. Dabei treffe ich, leider nur für zwei Stunden, die Tierschützerin Olga und ihren Sohn. Sie erzählt mir von den Vergiftungsaktionen in Chisinau und wie schwer sie es in der Bevölkerung hat, wenn sie die Straßenhunde mit Nahrung versorgt oder die vergifteten Hunde in ihren Armen hält, um ihnen in den letzten Minuten ihres Lebens das Gefühl menschlicher Nähe zu geben. Diese Frau hat mich zutiefst beeindruckt und meine Achtung gewonnen.
An einem weiteren Tag war ich bei mehreren Kastrationen anwesend und habe mir angeschaut, wie von dem gekauften bzw. gespendeten Futter täglich drei warme Mahlzeiten für die Hunde zubereitet wurden. Damit ist sichergestellt, dass niemand von diesen liebevollen Geschöpfen verhungern muss.

Ein schönes Erlebnis war, als ich bei der Umzugsaktion der sechs von zehn Kettenhunden mithelfen durfte. Ich konnte richtig mitfühlen, als die Ketten von ihren Verankerungen gelöst, die Hundehütten in die neuen Gehege transportiert wurden und die Hunde dort einziehen konnten. Diese sechs Hunde müssen nie wieder alleine ein einsames Leben an der Kette verbringen. Die anderen vier Hunde werden auch noch in den nächsten Tagen ihre Ketten hinter sich lassen. Die Pfleger werden versuchen herauszufinden, welcher dieser Hunde sich mit anderen Hunden verträgt. Dann können sogar zwei oder mehr von ihnen in einem Gehege leben.
Einen weiteren Lichtblick unserer Arbeit habe ich erfahren, als eine reiche Frau mit ihren beiden Töchtern, ca. 16 und 18 Jahre alt, extra aus einer etwa 50 Kilometer entfernten Stadt kam, um den Tieren Futter zu bringen. Insbesondere die Töchter waren von der Situation in der Casa Katharina so ergriffen, dass sie oft Tränen in den Augen hatten. Hoffentlich erzählen sie von ihren Eindrücken und fordern andere Menschen zu Spenden auf.
Leider habe ich auch erfahren müssen, dass ein Hund getötet werden sollte, weil nicht genug Geld für Futter vorhanden war. Ein junger Mann kam mit seinem etwa 10-jährigen Sohn und einer ca. 2-jährigen schwarzen Hündin in die Casa Katharina. Der Vater führte den Hund an einem Plastikband und erklärte der Pflegerin Natasha, dass er den Hund töten müsse, wenn wir ihn nicht nehmen würden. Da die Hündin erst vor ca. drei Monaten einen Welpen zur Welt gebracht hatte und er somit vier Hunde ernähren müsse, wäre ihm die Hündin zu viel. Auf meine Frage, ob er das mit seinem Gewissen und gegenüber seinen Kindern verantworten könne, zuckte er nur seine Schultern und sagte: „Klar, die Kinder werden wohl erst schreien, aber was soll ich machen? Ich habe doch kein Geld für Futter.“ Als dann der kleine Sohn noch ergänzte: „Ja, meine Schwester und ich werden sicherlich weinen, aber wir haben doch noch den Welpen.“ schauten Natasha und ich uns fassungslos an. Plötzlich fragte der Vater, wo denn die Hündin hinkommen würde. Natasha erklärte ihm, dass wir sie in einem der Rudel unterbringen müssen. Das wollte der Mann nun auch nicht, weil er befürchtete, dass die anderen Hunde sie beißen könnten. Er nahm ohne weiteren Kommentar die Plastikleine aus der Hand von Natasha und verließ das Gelände mit Sohn und Hund.
Was er anschließend mit der Hündin gemacht hat, wir wissen es nicht.

Am letzten Tag meiner Moldawienreise konnte ich abends noch erleben und fotografieren, dass alle Flutlichtstrahler montiert und die Ausläufe bestens ausgeleuchtet waren. Das Licht gibt nun den Mitarbeitern und den Hunden ein Gefühl von Sicherheit und erleichtert die Arbeit erheblich.

Leider war ich nur eine Woche Gast in der neuen Casa Katharina. Ich hätte noch gerne viel mehr von Moldawien gehört und gesehen, den Mitarbeitern geholfen und die Hunde betreut. Es war nicht nur zu wenig Zeit, auch die Temperaturen ließen schon vieles nicht mehr zu und es fehlte einfach an ganz einfachen Dingen. Wir bekamen z. B. keinen günstigen Container, um schon einen Teil des Mülls aufzuladen und abtransportieren zu lassen.

Das Ergebnis des „Abenteuers Moldawien“ kann ich mit den vier Worten sehenfühlendenkenhandeln zusammenfassen.
Wer unsere notwendige Arbeit (besser) begreifen will, muss die Situation direkt vor Ort sehen. Zwangsläufig wird dann jeder fühlen, was die Tiere dort an Leid erfahren und unter welchen primitiven Bedingungen sie dort leben. Schon nach kurzer Zeit setzt das Denken ein. Man macht sich Gedanken, ob so etwas sein darf und fragt sich: „Wie kann ich helfen?“ Also ist schnelles, unbürokratisches und effektives Handeln notwendig.
Ich würde mir wünschen, dass im Jahr 2014 viele Mitglieder, Tierpaten, Spender, etc. an der geplanten Einweihungsfahrt teilnehmen, um die Situation und Möglichkeiten dort mit eigenen Augen zu sehen. Schon heute kann jeder handeln, in dem er z. B. den Bau der dringend benötigten Tierklinik mit dem Erwerb der symbolischen Bausteine (15,00 EURO pro Baustein) unterstützt.
Nur gemeinsam mit Ihnen/Euch und den moldawischen Freunden wird unsere neue Casa Katharina ein Erfolg werden. Daran glaube ich!

Viele Grüße aus Paderborn,

Eberhard Krelaus